Es gibt Dinge im Leben, die unveränderlich scheinen: Der Hund bellt, der Schnee schmilzt – und Wham!s „Last Christmas“ erklimmt zur Weihnachtszeit die britischen Charts. In einer Gesellschaft, die sich stets nach dem Neuen und Innovativen sehnt, triumphiert jedes Jahr aufs Neue das Altbewährte. Wie ein alter Freund, der stets zur richtigen Zeit auftaucht – in diesem Fall allerdings mit Glöckchen, Schulterpolstern und einer Menge Synthesizer.
Ein Song, der Zeit und Geschmack trotzt
Man fragt sich: Warum nur? Die britische Musiklandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch gewandelt. Drill-Rapper spucken wütende Verse, TikTok-Trends bringen dreißigsekündige Ohrwürmer hervor, und trotzdem ist es ein Song aus dem Jahr 1984, der uns alle zurückholt. Vielleicht liegt es daran, dass „Last Christmas“ nicht einfach ein Song ist. Es ist eine universelle Wahrheit. George Michaels gefühlvolle Stimme schwingt wie eine mahnende Erinnerung durch die Lautsprecher: Liebe ist eine riskante Angelegenheit. Vor allem, wenn man sie im Dezember verschenkt.
Britischer Patriotismus oder einfach ein kollektiver Scherz?
Dieses Jahr hat „Last Christmas“ es wieder getan: Platz eins in den UK-Charts. Was als sanfter Ohrwurm begann, hat sich inzwischen in eine Art nationalen Volkssport verwandelt. Es ist fast, als würden die Briten selbstironisch mit den Schultern zucken und sagen: „Na ja, wenn wir schon politisch und wirtschaftlich im Chaos versinken, können wir wenigstens bei der Musik Traditionen pflegen.“
Man könnte auch argumentieren, dass dieser Song die Antwort auf den Brexit ist. Kein anderer Track vereint Nostalgie, Romantik und eine Prise Bitterkeit so perfekt wie „Last Christmas“. Es ist der perfekte Soundtrack für eine Nation, die mit einer Mischung aus Verzweiflung und Galgenhumor das Beste aus ihrer Lage macht.
Die Streaming-Strategie der Millennials
Vergessen wir nicht die Rolle der Millennials, die natürlich eine große Mitschuld an diesem wiederkehrenden Phänomen tragen. Sie hören den Song nicht, weil sie ihn lieben, sondern weil sie wissen, dass er die Älteren triggert. Streamingplattformen wie Spotify verwandeln sich zur Adventszeit in eine Schlacht zwischen Nostalgikern und Zynikern. Und wer gewinnt am Ende? George Michael, natürlich. Denn er bekommt die Tantiemen.
Und wie geht es weiter?
Angesichts dieses Triumphs kann man sich fragen, ob „Last Christmas“ eines Tages so unverzichtbar wird wie der Weihnachtsbaum oder der Truthahn. Vielleicht wird es in zwanzig Jahren ein Gesetz geben, das vorschreibt, dass „Last Christmas“ in allen Haushalten gespielt werden muss. Oder es wird ein staatlicher Feiertag zu Ehren von Wham! eingeführt.
Bis dahin bleibt uns nur, mitzusingen. Denn letztendlich ist „Last Christmas“ mehr als ein Lied – es ist ein Ritual. Und vielleicht ist es genau das, was wir alle brauchen: Eine kleine, schräge Konstante in einer chaotischen Welt. So, jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss meinen Spotify-Account checken. George Michaels Erbe wartet auf mich.