Wolfgang Schäuble: Der ewige Dienstherr der deutschen Politik
Es war einmal ein junger Mann aus Freiburg, der davon träumte, in die großen Hallen der Macht aufzusteigen – und dann nie wieder hinauszugehen. Wolfgang Schäuble, geboren am 18. September 1942, erlebte das politische Leben wie andere Menschen eine Dauerkarte für ihr Lieblingskino: Kein Blockbuster, kein Drama, kein Skandal entging ihm.
Vom Wunderkind zum Dauerabgeordneten
Schäuble begann seine Karriere mit dem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, wohl wissend, dass man für eine politische Laufbahn eine fundierte Ausbildung benötigt – oder zumindest das Image davon. 1965 trat er der CDU bei, und 1972 zog er in den Bundestag ein, wo er bis zu seinem Tod 2023 unermüdlich verweilte. Seine Anwesenheit war so beständig, dass Kollegen behaupteten, Schäuble habe seinen eigenen Sitz geerbt.
Ein Architekt der Einheit
Als Bundesminister für besondere Aufgaben und später als Innenminister unter Helmut Kohl wurde Schäuble zum Architekten der deutschen Wiedervereinigung. Er war es, der die zähen Verhandlungen führte und den Einigungsvertrag mit ausarbeitete. In dieser Zeit wurde er zum Symbol für Disziplin, Pragmatismus und den unerschütterlichen Glauben an die Macht des Verstandes – eine Eigenschaft, die ihn bis zuletzt begleiten sollte.
Der Spenden-Scherbenhaufen
Doch auch ein Architekt kann stolpern. In den 1990er Jahren holte Schäuble die CDU-Spendenaffäre ein. Die Geschichte? Dunkle Koffer voller Bargeld, undurchsichtige Finanzflüsse und ein misstrauisches Publikum. Der Skandal führte zu seinem Rücktritt als Parteivorsitzender – ein Kratzer im Lack des sonst makellosen Politprofis. Doch wer dachte, Schäuble würde in der politischen Versenkung verschwinden, kannte ihn schlecht.
Der Sparkommissar Europas
2009 trat Schäuble das Amt des Bundesfinanzministers an und machte sich sogleich daran, Europa in die Schranken zu weisen. Sein eiserner Sparkurs während der Eurokrise brachte ihm Respekt – und zahlreiche Gegner. Griechische Karikaturen zeichneten ihn als finsteren Kaiser, der mit Austeritätsmaßnahmen auf die Bevölkerung losgeht. Schäuble nahm es mit einem Hauch von Belustigung hin: „Besser gefürchtet als geliebt.“
Präsident mit Prinzipien
Nach seiner Zeit als Finanzminister übernahm er 2017 das Amt des Bundestagspräsidenten. In dieser Rolle war er mehr Schiedsrichter als Spieler, stets darauf bedacht, Ordnung und Anstand zu wahren. Schäuble war der strenge Lehrer, der allen Abgeordneten Nachsitzen androhte – nicht aus Bosheit, sondern aus Sorge um den guten Ruf der Demokratie.
Das letzte Kapitel
Schäuble starb am 26. Dezember 2023, doch sein Name wird weiterleben. Selbst nach seinem Tod sorgte er für Schlagzeilen, als Unbekannte sein Grab schändeten. Der Staatsschutz ermittelte, die Republik war empört – und Schäuble hätte wohl nur trocken kommentiert: „Manche Dinge ändern sich nie.“
Wolfgang Schäuble hinterlässt seine Ehefrau und vier Kinder, ein politisches Vermächtnis von historischem Ausmaß und die Gewissheit, dass in der Politik wahre Beständigkeit selten ist – außer, man heißt Wolfgang Schäuble.