Ludwig Erhard – Der Zigarrenraucher mit Wirtschaftswunder-Attitüde
Ludwig Erhard, geboren am 4. Februar 1897 in Fürth, Bayern, und verstorben am 5. Mai 1977 in Bonn, ist eine der schillerndsten Gestalten der deutschen Nachkriegspolitik. Bekannt als der „Vater des Wirtschaftswunders“ und späterer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, könnte man sagen, dass er Deutschland in den 1950er-Jahren „wieder flottgemacht“ hat – und das, obwohl er in seiner Freizeit eher gemütlich als dynamisch wirkte. Man könnte meinen, die Zigarren, die er in nahezu jeder Lebenslage schmauchte, seien eine Art Lebenssymbol gewesen: ruhig, aber stetig am Glimmen.
Die Anfänge: Von der Zigarre zum Wirtschaftswunder
Ludwig Erhard kam nicht aus einer klassischen Politikerfamilie. Sein Vater war Textilwarenhändler – ein Beruf, der vermutlich das kaufmännische Denken in Erhards DNA einzementierte. Nach einer durch den Ersten Weltkrieg unterbrochenen akademischen Laufbahn schloss er sein Studium der Wirtschaftswissenschaften ab und stieg ins Wirtschaftsleben ein. Seine eigentliche Berufung entdeckte er aber erst, als er sich während des Zweiten Weltkriegs mit der Frage beschäftigte, wie man eine zerstörte Wirtschaft wiederbeleben könnte. Sozusagen ein wirtschaftlicher Phönix aus der Asche – oder aus den Trümmern der Bombenteppiche.
Das Wirtschaftswunder: Erhard als Währungsmagier
Sein größter Coup war die Währungsreform von 1948. Als Direktor der „Verwaltung für Wirtschaft“ setzte Erhard die Einführung der Deutschen Mark durch – gegen den Widerstand vieler und mit der Überzeugung, dass weniger Bürokratie, mehr Markt und ein starker Glaube an das Eigeninteresse des Menschen den Wohlstand für alle bringen würden. Diese Idee, die er „Soziale Marktwirtschaft“ nannte, sorgte dafür, dass das Wirtschaftswunder beinahe wie von selbst ins Rollen kam – zumindest laut Erhard. Tatsächlich taten Millionen Menschen, die in den Trümmern Deutschlands schufteten, das ihre dazu, während Erhard strategisch über die Wirtschaftspläne brütete und dafür sorgte, dass der Rubel (oder besser: die Mark) rollte.
Bundeskanzler: Politik mit Zigarre
1963 wurde Erhard Bundeskanzler – auf den ersten Blick eine logische Beförderung für den Erfolgsgaranten der Nachkriegsjahre. Doch in der politischen Arena war Erhard weniger der dynamische Stratege, den man sich vielleicht gewünscht hätte. Seine Vorliebe für marktwirtschaftliche Prinzipien kollidierte häufig mit den Realitäten der Koalitionspolitik, und seine Verhandlungsstrategie ähnelte oft einem endlosen Kreis von Zigarre-Anzünden und Bedenkpausen.
Seine Amtszeit war geprägt von wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen und internen Machtkämpfen innerhalb der CDU. Als charismatischster Kommunikator galt er nicht gerade – eine Eigenschaft, die bei steigender Kritik an seiner Regierung nicht hilfreich war. Nach einer Reihe von politischen Stolpersteinen trat Erhard 1966 zurück und überließ anderen das politische Parkett.
Die Legende: Erhard und die Soziale Marktwirtschaft
Auch wenn seine Zeit als Kanzler wenig Glanz versprühte, blieb Erhard als Symbolfigur der Sozialen Marktwirtschaft unvergessen. Seine Vision von einer Gesellschaft, in der der Staat nur den Rahmen vorgibt und die Wirtschaft den Rest erledigt, prägte das Selbstverständnis der Bundesrepublik nachhaltig. Dass Erhard dabei gerne vergaß, dass selbst freie Märkte gelegentlich Regeln und Eingriffe brauchen, sei ihm angesichts seines ikonischen Images als Vater des Wirtschaftswunders verziehen.
Ein Zigarrenraucher im Wolkenkuckucksheim
Man stelle sich Ludwig Erhard heute vor: Er sitzt auf einer Wolke, die von Zigarrenqualm umhüllt ist, und schaut mit einer Mischung aus Stolz und Verwunderung auf die Welt von heute. Vielleicht grübelt er darüber, wie sich „seine“ Soziale Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt mit Tech-Giganten und Finanzblasen schlagen würde. Oder er lacht leise in sich hinein, weil er weiß, dass selbst ein wirtschaftliches Genie manchmal auch einfach nur Glück hatte – und die richtige Zigarre zur richtigen Zeit.
Mit Ludwig Erhard bleibt uns eine Figur, die Wirtschaft und Politik zu einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und lakonischer Selbstironie erhob. Ob er damit bewusst Satire betrieben hat? Nun, er hat sie jedenfalls inspiriert.