Hamburg, Dezember 2024 – Es ist wieder soweit: Die Hansemetropole verwandelt sich zum Jahresende in ein Eldorado für Nerds, Hacker, und alle, die noch wissen, wie man ein Kabel richtig crimpt. Der 38. Chaos Communication Congress (kurz: 38C3) des Chaos Computer Clubs (CCC) ist in vollem Gange, und wie immer steht der Widerstand gegen digitale Überwachung im Mittelpunkt. Oder, wie ein Sprecher es bei der Eröffnung so treffend formulierte: „Big Brother? Nein danke. Aber Big Data? Reden wir nochmal drüber.“

Hacktivisten, Hardware-Freaks und Mate-Trinker vereint

Schon beim Betreten der Hamburger Messehallen wird klar: Hier ist nichts normal. Wo sonst müde Geschäftsleute mit Aktenkoffern herumschlurfen, tummeln sich jetzt Leute mit leuchtenden LED-Hüten, Tastaturen in der Hand und T-Shirts mit Aufdrucken wie „There is no cloud, it’s just someone else’s computer“. Eine Mischung aus Karneval, Hightech-Labor und digitaler Revolutionswerkstatt – und das alles begleitet vom omnipräsenten Zischen der Mate-Flaschen.

„Wir sind hier, um die Welt zu retten,“ erklärt eine Teilnehmerin, während sie neben einer selbstgebauten Antenneninstallation steht. „Oder zumindest, um herauszufinden, wie wir den NSA-Mitarbeiter in Utah nervös machen können.“ Ob mit offenen WLAN-Routern, VPNs oder selbst programmierten Apps – der CCC setzt auch dieses Jahr alles daran, staatlichen Überwachern das Leben so schwer wie möglich zu machen.

Widerstand mit Humor – und einem kleinen Kabelsalat

Der diesjährige Kongress steht unter dem Motto: „No Ctrl, No Alt, Just Delete Surveillance“. Workshops mit Titeln wie „Wie baue ich mir eine Abhörfalle für Spione“ oder „Selbstverteidigung in der Cloud“ sind randvoll besucht. Besonders beliebt ist der Vortrag „Digitale Anonymität für Anfänger – oder wie du bei Amazon für fünf VPN-Dienste bezahlst und keinen nutzt.“

Aber keine Veranstaltung des CCC wäre vollständig ohne eine gesunde Portion Chaos: Hier brummt der 3D-Drucker, dort stolpert jemand über ein zu kurz geratenes Ethernet-Kabel, und in einer Ecke kämpft ein Team darum, einen defekten Retro-Computer aus den 80er Jahren wieder zum Laufen zu bringen – aus Prinzip, versteht sich.

Überwachung als Hauptfeind – und gelegentlich als Inspiration

Die Hauptthemen sind wie jedes Jahr bitterernst. Es geht um die immer weitergehende Überwachung durch Staaten und Unternehmen: biometrische Gesichtserkennung, Hintertüren in Software, Datenkraken à la Facebook und Google – und natürlich die omnipräsenten Chatbots, die scheinbar alles über uns wissen. „Wenn dein Kühlschrank schlauer ist als dein Abgeordneter, läuft was falsch,“ meint ein Redner trocken und erntet dafür tosenden Applaus.

Doch auch Satire darf nicht fehlen: Eine Gruppe Hacker hat einen Vortrag inszeniert, in dem sie live ein fiktives staatliches Überwachungssystem „hacken“ und es dazu bringen, Katzenvideos statt kritischer Tweets zu zensieren. „Das wäre doch mal eine Verbesserung,“ witzelt ein Zuschauer.

Der Hacker-Traum: Eine bessere digitale Welt

Am Ende ist der Chaos Communication Congress aber mehr als nur Widerstand. Es ist ein Ort der Hoffnung, ein Sammelbecken für die Vision einer Welt, in der Technologie nicht kontrolliert, sondern befreit. Es geht um den Glauben daran, dass der Einzelne mächtig sein kann, wenn er einen Laptop, ein bisschen Wissen und die richtige Einstellung hat.

Oder, wie ein Teilnehmer es formuliert: „Hacken heißt nicht kaputtmachen. Hacken heißt, verstehen, was kaputt ist – und es besser machen.“ In diesem Sinne: Auf zum nächsten Vortrag. Und vergiss die Mate nicht.

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