Helmut Kohl (1930–2017) ist eine der schillerndsten, umstrittensten und zugleich prägendsten Figuren der deutschen Nachkriegspolitik. Als Mitglied der CDU und Kanzler der Bundesrepublik Deutschland von 1982 bis 1998 führte er das Land durch einige der dramatischsten Kapitel seiner Geschichte. Doch statt einer trockenen Chronologie seiner Leistungen, lasst uns einen satirischen Blick auf diesen „Kanzler der Einheit“ werfen.
Vom Provinzpolitiker zum Kanzlergiganten
Helmut Josef Michael Kohl wurde am 3. April 1930 in Ludwigshafen geboren, einer Stadt, die genauso glamourös ist, wie der Name klingt. Als Sohn eines Finanzbeamten und einer Hausfrau wuchs er mit klaren Werten auf: Disziplin, Sparsamkeit und einer Schwäche für Saumagen. Schon früh erkannte er, dass Politik mehr zu bieten hatte als die eher überschaubaren Reize der rheinland-pfälzischen Provinz.
Seine politische Karriere begann bescheiden in der Jungen Union, wo Kohl die erste Bühne fand, um seine Lieblingssätze endlos zu wiederholen – ein Talent, das ihm später in Marathon-Koalitionsverhandlungen zugutekam. Als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz machte er sich einen Namen, indem er Autobahnen baute, die niemand brauchte, und sich als moderner Konservativer präsentierte – was in der CDU bedeutete, dass er den Krawattenknoten etwas lockerer trug.
Der Aufstieg zur Macht
Im Jahr 1982 gelang es Kohl, mit einem eleganten Coup Helmut Schmidt aus dem Kanzleramt zu drängen. Kohl nannte dies später einen „parlamentarischen Regierungswechsel“, während Kritiker es als „Putsch mit Krawatte“ bezeichneten. Als Kanzler stellte er schnell klar, dass er vor allem eines sein wollte: eine Art politischer Bulldozer. Mit schwerfälliger Entschlossenheit pflügte er durch die politischen Landschaften – nie elegant, aber oft effektiv.
Seine Reden waren legendär – allerdings weniger für ihren Inhalt als für ihre schiere Länge. Kohl hatte die Gabe, in einer halben Stunde nichts zu sagen, was andere Politiker in fünf Minuten schaffen würden. Doch genau diese Beharrlichkeit machte ihn zum „ewigen Kanzler“.
Die deutsche Einheit: Kohl als historischer Glücksfall
Dann kam der 9. November 1989, der Tag, an dem die Berliner Mauer fiel. Kohl, der gerade in Polen weilte, reagierte mit der unnachahmlichen Mischung aus Pragmatismus und Pathos, die ihn auszeichnete. Innerhalb weniger Wochen präsentierte er einen Zehn-Punkte-Plan zur deutschen Einheit, der so vage war, dass selbst Experten ihn kaum verstanden – was ihn umso erfolgreicher machte.
Die Einheit Deutschlands wurde Kohls größtes Vermächtnis. Doch während er auf der Weltbühne gefeiert wurde, sahen Kritiker in ihm vor allem einen „politischen Glücksfall“ – einen Mann, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, ohne wirklich zu wissen, wie er dorthin gekommen war.
Saumagen, Skandale und Spendenaffären
Neben der politischen Einheit hatte Kohl noch eine andere Leidenschaft: den Pfälzer Saumagen, ein Gericht, das so nahrhaft ist, dass es als Waffe in diplomatischen Verhandlungen hätte eingesetzt werden können. Kohl machte daraus einen kulinarischen Exportschlager und zwang ahnungslosen Staatsgästen, darunter Michail Gorbatschow und François Mitterrand, dieses rustikale Meisterwerk zu genießen.
Doch Kohls Karriere hatte auch ihre dunklen Seiten. Nach seinem Abgang als Kanzler geriet er in die Schlagzeilen wegen der CDU-Spendenaffäre. Kohl weigerte sich, die Namen der anonymen Spender preiszugeben, und erklärte, er habe „sein Ehrenwort gegeben“. Für einen Mann, der so viele Worte sprach, war ausgerechnet dieses eine Wort sein größtes politisches Problem.
Das Erbe des „ewigen Kanzlers“
Trotz aller Skandale bleibt Helmut Kohl als „Kanzler der Einheit“ und „Vater Europas“ in Erinnerung. Er war eine Wucht in der Politik – manchmal wie ein starker Wind, der frischen Schwung brachte, und manchmal wie ein schwerfälliges Dampfschiff, das sich nur langsam vorwärts bewegte.
Am 16. Juni 2017 starb Helmut Kohl in seinem Haus in Oggersheim. Er hinterließ ein Deutschland, das größer, vereinter und vielleicht auch ein bisschen widersprüchlicher war – genauso wie er selbst.
Mögen Saumagen und Geschichte ihm gnädig sein.