Klaus Kinkel, der Mann mit dem charmanten Lächeln eines Notars und dem rhetorischen Elan eines Staubsaugervertreters, war eine der schillerndsten Figuren der deutschen Nachkriegspolitik – zumindest wenn man die Farbpalette seiner Krawatten bedenkt. Geboren am 17. Dezember 1936 im schwäbischen Metzingen, einer Stadt, die berühmt ist für ihre Outlets, aber nicht unbedingt für politische Giganten, begann Kinkel seine Karriere als Jurist. Doch schon bald wurde ihm klar, dass das Recht allein zu langweilig ist, und er wandte sich der Politik zu.
Der Bürokraten-Phoenix
Kinkel, ein Mann der leisen Töne (oft so leise, dass man genau hinhören musste, ob er überhaupt gesprochen hatte), stieg in den 1970er Jahren im Innenministerium auf. Dort beeindruckte er seine Kollegen vor allem durch seine Fähigkeit, Formulare fehlerfrei auszufüllen – eine Kompetenz, die ihm später in seiner Karriere zugutekommen sollte. Als Protegé von Hans-Dietrich Genscher wurde er 1991 Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND). Warum ausgerechnet Kinkel? Vielleicht, weil niemand ein Geheimnis besser hüten konnte – sogar vor sich selbst.
Außenminister mit Aktenkoffer
1992, mitten in der unruhigen Zeit nach der Wiedervereinigung, wurde Kinkel Außenminister im Kabinett Kohl. Sein Motto lautete offenbar: „Diplomatie ist die Kunst, die anderen so zu behandeln, dass sie glauben, sie hätten die Idee gehabt.“ Unter seiner Ägide wirkte die deutsche Außenpolitik oft so solide wie eine schwäbische Kehrwoche: gründlich, pragmatisch und ein wenig langweilig.
Kinkel war kein Mann der großen Reden oder visionären Umbrüche. Seine diplomatischen Bemühungen konzentrierten sich darauf, die deutsche Außenpolitik auf sicherem Kurs zu halten – ohne dabei allzu viele Wellen zu schlagen. Dabei war er stets darum bemüht, keinen Fauxpas zu begehen. Er war so vorsichtig, dass er selbst bei Tischgesprächen in Brüssel nie zu viel Salz streute.
Parteivorsitzender wider Willen
1993 übernahm Kinkel den Vorsitz der FDP, nachdem Genscher in den wohlverdienten Ruhestand getreten war. Es war eine Zeit, in der die FDP nach Orientierung suchte – und Kinkel suchte mit. Sein Führungsstil ließ sich am besten als „verwaltend“ beschreiben. Während andere Parteichefs mit markigen Sprüchen oder großen Visionen auffielen, setzte Kinkel auf die Strategie, möglichst nicht aufzufallen. Das Ergebnis: Die FDP taumelte durch die 1990er Jahre wie ein Boot ohne Kompass, aber mit einem sehr akkuraten Fahrtenbuch.
Der ewige Gentleman
Privat war Kinkel ein passionierter Tennisspieler und ein Freund der klassischen Musik. Er war bekannt für seine Höflichkeit und seine Vorliebe für schwäbische Küche. Wer ihn kannte, beschrieb ihn als loyal, bodenständig und überraschend humorvoll – wenn man ihn denn lange genug kannte, um seine trockenen Witze zu verstehen.
Nachklang eines politischen Lebens
Nach seinem Ausscheiden aus der Politik im Jahr 1998 zog sich Kinkel in die private Zurückgezogenheit zurück. Er schrieb keine aufsehenerregenden Memoiren, gründete keine Stiftungen und hielt keine großen Reden. Stattdessen genoss er das Leben im Stillen – ein Lebensstil, der zu ihm passte wie ein maßgeschneiderter Anzug.
Klaus Kinkel starb am 4. März 2019, und mit ihm ging ein Stück nüchterne, aber verlässliche deutsche Nachkriegspolitik. Sein Vermächtnis? Ein Außenminister, der keine Kriege begann, ein Parteivorsitzender, der die FDP zumindest nicht ruinierte, und ein Mensch, der bewies, dass man auch in der Politik Anstand und Zurückhaltung bewahren kann.