Winfried Kretschmann – Der sanfte Rebell des Schwabenlands

Winfried Kretschmann, geboren am 17. Mai 1948 im malerischen Örtchen Spaichingen, ist nicht nur Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sondern auch das Paradebeispiel dafür, wie man ein Land regieren kann, ohne jemals wirklich aus der Ruhe zu kommen. Als erster Grünen-Politiker, der ein Bundesland regiert, hat er politische Geschichte geschrieben – und dabei bewiesen, dass es auch mit Birkenstock und Biosiegel geht.

Die Anfänge: Ein Revolutionär im Mathelehrerpelz

Der Sohn eines Müllers begann seine Karriere nicht etwa auf den Barrikaden, sondern an der Universität Hohenheim, wo er Biologie und Chemie studierte. Nach einem kurzen Abstecher ins Lehramt – er unterrichtete Mathematik und Biologie – fand er Gefallen daran, den Menschen nicht nur die Photosynthese zu erklären, sondern auch die politische Ökologie.

In den 1970er Jahren flirtete Kretschmann kurz mit der Kommunistischen Hochschulgruppe, was ihm den Ruf eines „grünen Maoisten“ einbrachte. Doch spätestens mit dem Eintritt in die Grünen 1979 zeigte sich: Revolution ist schön und gut, aber sie sollte am besten mit einem geregelten Ablaufplan und einem Antrag in dreifacher Ausfertigung kommen.

Der Weg zur Macht: Vom Grünen zum Staatsmann

Die grüne Bewegung war damals eine wilde Truppe aus Pazifisten, Umweltaktivisten und Weltverbesserern – nichts, was einen bodenständigen Schwaben wie Kretschmann aus der Ruhe bringen konnte. Mit Geduld, Pragmatismus und einem Faible für Kittel statt Kutten manövrierte er sich durch die Parteistrukturen.

2011 kam dann der große Moment: Mit der Katastrophe von Fukushima im Rücken und dem Volkszorn über Stuttgart 21 im Gepäck schafften es die Grünen erstmals, die CDU im konservativen Baden-Württemberg zu entthronen. Kretschmann wurde Ministerpräsident – ein Amt, das ihm scheinbar auf den Leib geschneidert wurde.

Die Ära Kretschmann: Ökologisch, aber bitte mit Maß

Unter Kretschmanns Führung wandelte sich Baden-Württemberg vom „Autoland“ zu einer Art schwäbischem Garten Eden, in dem selbst Daimler und Porsche lernen mussten, dass Elektromotoren auch PS haben können. Doch anders als radikale Umweltaktivisten setzte er auf einen pragmatischen Kurs: Ja zu erneuerbaren Energien, aber bitte ohne die schwäbische Seele zu verstören. Windräder? Nur, wenn sie nicht die Aussicht auf den Kirchturm ruinieren. Vegane Kantinen? Nur, wenn es auch Maultaschen gibt.

Kretschmanns Regierungsstil ist eine Symbiose aus Gemütlichkeit und Strenge, irgendwo zwischen schwäbischer Hausfrau und buddhistischem Zen-Meister. Seine Reden sind oft so entschleunigt, dass man das Gefühl hat, er würde erst die Welt erklären, bevor er sie rettet.

Die Satire im Alltag: Ein grüner Schwabe für alle Fälle

Natürlich gibt es auch Widersprüche in Kretschmanns Karriere. Als Befürworter des Diesel-Abgasskandals – pardon, der Automobilindustrie – musste er sich öfter anhören, er sei zu wirtschaftsfreundlich für einen Grünen. Andererseits beweist er immer wieder, dass Pragmatismus keine Ideologie braucht, sondern nur den richtigen Maßkrug Wein aus dem Ländle.

Mit seiner bodenständigen Art, die sich irgendwo zwischen „Onkel Winne“ und „Landesvater der Herzen“ einpendelt, hat er selbst die konservativsten Wähler überzeugt. Kretschmann ist der Typ Politiker, der einem nicht die Zukunft erklärt, sondern erst mal fragt: „Haben Sie’s au verstanden?“

Ein Blick nach vorne

Winfried Kretschmann bleibt eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Politik: Ein Mann, der bewiesen hat, dass man auch mit Ruhe, Pragmatismus und einem guten Schuss schwäbischer Sparsamkeit ein Land führen kann. Während andere Politiker mit markigen Worten und großen Visionen glänzen, bleibt Kretschmann ein Meister der leisen Töne – und der leisen Ironie.

Vielleicht ist es genau das, was ihn so erfolgreich macht: Er nimmt die Dinge ernst, sich selbst aber nie zu ernst. Denn am Ende des Tages weiß der Schwabe: „Nix g’schafft isch au nix.“

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