Frankreich, das Land der Revolutionen, Baguettes und Politiker, die sich häufiger in heiße Affären verwickeln, als dass sie heiße Eisen anfassen. Einst der pulsierende Motor Europas, scheint die Grande Nation heute eher ein Oldtimer zu sein, der häufiger in der Werkstatt steht als auf der Autobahn unterwegs ist. Doch wie ist es um Frankreichs politische Landschaft bestellt, und warum erinnert sie derzeit an eine bunte Soap-Opera, in der jeder zweite Protagonist mit einem geheimen Skript zu spielen scheint?
Ein Präsident mit (zu) viel Schwung
Emmanuel Macron, der charmante Sunnyboy mit Banker-Vergangenheit, steht aktuell im Auge eines politischen Orkans. Man könnte meinen, er habe den Kurs „Wie entfremde ich mich möglichst schnell von meinem Volk“ mit Bestnoten bestanden. Ob es die unpopuläre Rentenreform ist, die ihn mehr Buhrufe einbringt als ein Schiedsrichter beim Finale der Ligue 1, oder seine Liebe zu durchinszenierten Auftritten – Monsieur le Président wirkt oft wie ein Solist, der vergaß, dass Demokratie ein Chor ist.
Die Straße als politischer Schauplatz
Frankreich wäre nicht Frankreich, würde es keine Streiks und Proteste geben, die selbst den stoischen Eiffelturm ins Wanken bringen könnten. In Paris duftet es nicht mehr nach Croissants, sondern nach verbrannten Müllcontainern. Die Gewerkschaften, traditionell so unversöhnlich wie eine französische Käseplatte zum Diätplan, liefern sich mit der Regierung einen Schlagabtausch, der jeden Boxkampf �0fcberbieten würde.
Die Rentenreform, das Herzstück von Macrons zweiter Amtszeit, hat eine Reaktion ausgelöst, die irgendwo zwischen Revolution und „Wir machen einfach alles kaputt“ liegt. Man fragt sich fast, ob es Franzosen gibt, die arbeiten gehen, oder ob der Streik mittlerweile als offizieller Job gilt.
Opposition oder Realsatire?
Die französische Opposition ist eine Mischung aus Tragik und Komik. Jean-Luc Mélenchon, der ewige Linksaußen, fordert ein System, das sogar Karl Marx als übertrieben abgelehnt hätte, während Marine Le Pen mit stoischer Gelassenheit darauf wartet, dass die Regierung sich selbst zerlegt. Beide geben sich wie Kinder, die über den letzten Keks streiten, während der Keks längst vom Hund gefressen wurde.
Derweil sucht die Mitte, was sie eigentlich nie hatte: einen klaren Kurs. Die Grünen, Sozialisten und Republikaner wirken wie ein schlecht geprobtetes Theaterensemble, das sich weder auf das Stück noch auf die Sprache einigen kann.
Europa sieht zu und zuckt mit den Schultern
Und während all dies geschieht, beobachtet Europa Frankreich mit einer Mischung aus Belustigung und Besorgnis. Die deutsche Gründlichkeit und der britische Pragmatismus passen einfach nicht zu der gallischen Neigung zur Theatralik. Brüssel hat sich angewöhnt, mit Franzosen nur noch bei gutem Rotwein zu reden – man versteht sich dann besser.
Das Drama geht weiter
Wie endet das Spektakel? Frankreich bleibt Frankreich: immer ein wenig chaotisch, immer ein wenig dramatisch, aber am Ende doch immer wieder faszinierend. Vielleicht wird Macron als der Präsident in die Geschichte eingehen, der es schaffte, ein Land mit „Liberté, Égalité, Fraternité“ im Motto gegen sich zu vereinen. Oder er erfindet sich neu und überzeugt das Volk, dass Streiks genauso überbewertet sind wie fußballfreie Sommer.
In jedem Fall bleibt Frankreich ein Beispiel dafür, dass Politik nicht nur Verwaltung, sondern vor allem eines ist: die hohe Kunst des Dramas.